Psychosoziale Notfallversorgung trifft Feuerwehr Boffzen

Nachricht Boffzen, 04. Mai 2023
Foto: Kirsten Senftleben

Wer kennt das nicht, bis gerade war noch alles in Ordnung und dann auf einmal schlägt das Schicksal unerbittlich zu. Man verliert einen geliebten Menschen, man bekommt eine schlimme Nachricht übermittelt usw. Gut, dass es in diesen Situationen Menschen gibt, die stabilisieren und unterstützen können. Im Kirchenkreis Holzminden-Bodenwerder gibt es haupt- und ehrenamtliche Notfallseelsorger, die durch den zuständigen Notarzt oder den zuständigen Brandmeister vor Ort über die Leitstelle alarmiert werden. Diese Notfallseelsorger werden für ihre Aufgaben nach geltenden Standards sorgfältig ausgebildet oder bringen die Grundlagen durch ihre seelsorgliche pastoralpsychologische Ausbildung bereits mit.

Aber auch Einsatzkräfte können an ihre Grenzen stoßen und nach belastenden Einsätzen psychosoziale Hilfe in Anspruch nehmen. Auch für sie gibt es Menschen, die für sie da sind.

Das Thema Notfallseelsorge oder Psychosoziale Notfallversorgung für Betroffene und Einsatzkräfte hat erst in den letzten Jahren an bedeutender Relevanz gewonnen. Wobei das Thema bei einigen, aber im Grunde sehr wenigen Einsatzkräften doch noch ein wenig stiefmütterlich behandelt wird.

Aber nicht so bei der Feuerwehr in Boffzen und noch weiteren Wehren im Landkreis Holzminden. Neuen Feuerwehrfrauen und Feuerwehrmännern wird im Rahmen ihrer Truppmannausbildung das Arbeitsfeld der Psychosozialen Notfallversorgung vorgestellt. Diese Aufgaben übernehmen im heimischen Kreis ehrenamtlich der leitende Notfallseelsorger Martin Böker aus Stadtoldendorf und ich, Kirsten Senftleben, für Boffzen. Wichtig ist für uns beide, einen Kontakt zu den Einsatzkräften aufzubauen und in einen Dialog, einen Austausch, unter dem Motto „Ihr seid für uns da und wir sind für euch da“, zu kommen.

Als die neuen Feuerwehrfrauen und Feuerwehrmänner in der Truppmannausbildung in Boffzen saßen, kam die Idee, doch einmal einen gemeinsamen Übungsabend mit den Notfallseelsorgern durchzuführen. Gesagt getan. Martin und mir war klar, das ist genau der richtige Weg. Schnell konnten wir auch unsere Kinder und Freunde unserer Kinder als Statisten gewinnen. Thema dieses Übungsabends war: „Was kann ich als Einsatzkraft vor Ort tun, bis ein Notfallseelsorger ankommt.“ Verschiedene Stationen wurden abgehandelt. Beispielsweise ein Autounfall, bei dem es aber nicht um die verletzten Personen ging, deren Betreuung und Hilfe von jeher zum Aufgabengebiet der Feuerwehr gehört, sondern darum, einmal ein wenig über den Tellerrand zu schauen: Was ist mit dem Ersthelfer? Wo befindet er sich, wie geht es ihm? Braucht er Unterstützung?
Oder wie kommuniziere ich mit Angehörigen oder anderen Personen, die zu einer Unfallstelle kommen? Wie begegne ich ihnen?
Natürlich hat die Versorgung der Verletzten oberste Priorität und es wird vielleicht auch nicht immer genügend Einsatzkräfte, gerade bei ehrenamtlichen Feuerwehren, vor Ort geben, damit auch dieses Feld abgedeckt wird.
Wichtig an diesem Abend war der Austausch, das Kennenlernen sowie das Überwinden der Hemmschwelle. Alles unter dem oben genannten Motto: „Ihr seid für uns da und wir sind für euch da.“

Auf Anforderung betreuen wir Feuerwehrleute nach belastenden Einsätzen und versuchen diese zu stabilisieren. Hier verfolgen wir den Leitspruch: Unnormale Situationen erfordern unnormale Reaktionen. Aber das ist vollkommen normal.

Mit diesem Artikel möchten wir der Feuerwehr Boffzen recht herzlich für ihre Offenheit und für das Sich-Einlassen auf unser Pilotprojekt bedanken. Wir waren überwältigt, wie viele Einsatzkräfte an diesem Abend teilgenommen haben. Wir als Notfallseelsorger konnten Kontakte knüpfen und es fand ein reger Austausch zwischen den Feuerwehrleuten und uns statt. Herzlichen Dank dafür.

 

Kirsten Senftleben
Ehrenamtliche Notfallseelsorgerin