Kennen Sie Paul Gerhardt?

Wer ist Paul Gerhardt?

Paul Gerhardt

Ein Überblick

Paul Gerhardt ist bei den Menschen bekannt und doch nicht bekannt. Seine Lieder sind im Gedächtnis der Menschen eingeschrieben, allerdings weiß nicht jeder, dass sie von ihm sind. Die Lieder dürfen zum Weltkulturerbe gezählt werden, da sie das Wichtigste, und zwar die lebendige Singepraxis und die kunstvollen Vertonungen, besitzen. Die Literaturwissenschaft nennt Paul Gerhardt „den größten deutschen Kirchenlieddichter“. Der Lyrikforscher Hans-Georg Kemper sagte 1987 zu der Verbreitung der Lieder im deutschsprachigen Raum:

„Die Gedichte gehören neben Grimms Märchen und noch vor Luthers Bibelübersetzung und Dichtung zu den bekanntesten poetischen Texten überhaupt“.

Insgesamt hat Paul Gerhardt 139 Gedichte geschrieben.

Sein Leben

Paul Gerhardt wurde am 12. März 1607 im Landstädtchen Gräfenhainchen (Provinz Sachsen) geboren. Sein Vater Christian Gerhardt arbeitete als vermögender Ackerbürger und Gastwirt und war zeitweiliger Bürgermeister. Seine Mutter Dorothea stammte aus einem lutherischen Pfarrerhaushalt. Paul hatte noch drei weitere Geschwister. Als er, 1619, 12 Jahre alt war, starben sein Vater und 2 Jahre später seine Mutter. Seine zwei Schwestern wurden bei Verwandten untergebracht und sein Bruder und er gingen 1622 in ein ehemaliges Augustiner Kloster, das zu einem Internat umfunktioniert wurde. Dort wurden die Kinder in der Heiligen Schrift gelehrt und erfuhren eine strenge Erziehung und Bildung. Das Leben im Internat glich dem Leben eines Mönches. 1627 machte er seinen Abschluss und 1628 begann er ein Theologiestudium an der Universität in Wittenberg. 

In Berlin traf er auf Johann Crüger, der hochgebildete Musiker und Melodist, Kantor und Musikdirektor, der in seinem Gesangbuch 1647, 18 Gedichte von Gerhardt mit eigenen Melodien veröffentlichte. Johann Crüger wurde zum Entdecker und Erwecker Gerhardts Dichtergabe und somit entstand eine Arbeitsgemeinschaft zwischen ihnen.

Nach dem Tod Crügers im Jahr 1662, übernahm Johann Georg Ebeling den Posten als Kirchenmusiker. Dieser brachte 1667 eine Gesamtausgabe der Gedichte Paul Gerhardts heraus.

Seine Meisterstücke sind „Warum sollt ich mich denn grämen“ (EG 370), „Du meine Seele singe“ (EG 302) und „Die güldne Sonne“ (EG 449). 

Am 27 Mai 1676 starb er in Lübben. Sein Grab befindet sich dort an der heutigen Paul-Gerhardt Kirche.

Seine Werke

Paul Gerhardts Lieder sind in alle Fremdsprachen und Kulturbereiche übersetzt. Im evangelischen Gesangbuch sind 30 Lieder von Martin Luther und 26 Lieder von Paul Gerhardt veröffentlicht worden, doch die Mehrheit an Strophen besitzt Paul Gerhardt mit 289 im Gegensatz zu Luther mit 150 Strophen.

Gerhardts Verse sind überall, zum Beispiel im Haus, in der Schule, auf Wanderungen, an Chorabenden, im Gottesdienst und im stillen Kämmerlein, zu hören, egal ob gesungen, gesprochen, gelernt oder zitiert.

Seine Lieder sind von seinen Erinnerungen (Grunderfahrungen, Krankheiten, Hungersnot) geprägt worden und auch Jubellieder beinhalten dunkle Erinnerungen. Durch den frühen Verlust seiner Kinder nehmen Kreuz- und Trostlieder ein breites Band ein.

Paul Gerhardt hat seine 139 Werke in verschiedene Kategorien gegliedert.

Das „Kirchenjahr“ ist die umfassendste Kategorie. Sie hat 2 Lieder im Advent, 7 Weihnachtslieder, 2 Neujahrslieder, 14 Lieder in der Passionszeit, 3 Lieder zu Ostern und 4 zu Pfingsten. Eine weitere Kategorie sind die „Sakramente“ mit einem Tauflied und einem Abendmahlslied. Außerdem gibt es die Kategorie „Gott in der Natur“ mit 3 Liedern für den Morgen, 2 für den Abend und 3 für den Sommer.

Text: Auszüge aus der Facharbeit von A. Meyer

Werke im Gesangbuch

Neuvertonungen

Im Jahr 2007 wurde Paul Gerhardts 400. Geburtstag gefeiert. Aus diesem Anlass veröffentlichten Musiker, die eher dem konservativen Flügel des Protestantismus zuzuordnen sind, wie Dieter Falk (A Tribute to Paul Gerhardt, instrumental) und Sarah Kaiser (Gast auf Erden – Paul Gerhardt neu entdeckt), verjazzte Variationen zu Paul Gerhardts Liedern.

Text: RadioSwissClassic.ch

Die güldne Sonne

Das Stück „Die güldne Sonne“  ist 1666 von Paul Gerhardt, als ein Morgenlied, gedichtet und noch im gleichen Jahr von Johann Georg Ebeling in einem dreier Rhythmus vertont worden. Das Lied hat ursprünglich 12 Strophen. In diesen Strophen könnte der Leser für bestimmte Lebenssituationen Trost, Hilfe und Halt erfahren, wenn er auf Gott vertraut.

  1. Die güldne Sonne voll Freud und Wonne bringt unsern Grenzen mit ihrem Glänzen ein herzerquickendes, liebliches Licht. Mein Haupt und Glieder, die lagen darnieder; aber nun steh ich, bin munter und fröhlich,  schaue den Himmel mit meinem Gesicht. (Richter 5,31; Psalm 19,5-7; Psalm 5,4+12 und Psalm 63,3)
  2. Mein Auge schauet, was Gott gebauet / zu seinen Ehren und uns zu lehren, wie sein Vermögen sei mächtig und groß / und wo die Frommen / dann sollen hinkommen, wann sie mit Frieden / von hinnen geschieden aus dieser Erden vergänglichem Schoß. (Jesaja 40,16 und Hiob 16,27)
  3. Lasset uns singen, dem Schöpfer bringen / Güter und Gaben; was wir nur haben, alles sei Gotte zum Opfer ge­setzt! Die besten Güter / sind unsre Gemüter; dankbare Lieder / sind Weihrauch und Widder, an welchen er sich am meisten ergötzt.
  4. Abend und Morgen / sind seine Sorgen; segnen und mehren, Unglück verwehren/ sind seine Werke und Taten allein. Wenn wir uns legen, so ist er zugegen; wenn wir aufstehen, so lässt er aufgehen / über uns seiner Barm­herzigkeit Schein. (Klagelieder 3,22-23 und Psalm 4,9)
  5. Ich hab erhoben / zu dir hoch droben / all meine Sinnen; lass mein Beginnen / ohn allen Anstoß und glücklich ergehn. Laster und Schande, des Satans Bande, Fallen und Tücke i treib ferne zurücke; lass mich auf deinen Geboten bestehn.
  6. Lass mich mit Freuden / ohn alles Neiden / sehen den Segen, den du wirst legen / in meines Bruders und Nächsten Haus. Geiziges Brennen, unchristliches Rennen; nach Gut mit Sünde, das tilge geschwinde / von meinem Herzen und wirf es hinaus.
  7. Menschliches Wesen, was ist's gewesen? In einer Stunde geht es zugrunde, sobald das Lüftlein des Todes drein bläst. Alles in allen; muss brechen und fallen; Himmel und Erden, die müssen das werden, was sie vor ihrer Erschaf­fung gewest.
  8. Alles vergehet. Gott aber stehet / ohn alles Wanken; seine Gedanken, sein Wort und Wille hat ewigen Grund. Sein Heil und Gnaden, die nehmen nicht Schaden, heilen im Herzen / die tödlichen Schmerzen, halten uns zeitlich und ewig gesund. (Psalm 119,89; Jesaja 51,6; Jesaja 40,8 und Matthäus 24,35)
  9. Gott, meine Krone, vergib und schone! Lass meine Schulden / in Gnad und Hulden / aus deinen Augen sein abgewandt. Sonsten regiere / mich, lenke und führe, wie dir's gefället; ich habe gestellet; alles in deine Beliebung und Hand.
  10. Willst du mir geben, womit mein Leben / ich kann er­nähren, so lass mich hören / allzeit im Herzen dies heilige Wort: Gott ist das Größte, das Schönste und Beste; Gott ist das Süßte / und Allergewißte, aus allen Schätzen der edelste Hort
  11. Willst du mich kränken, mit Galle tränken / und soll von Plagen / ich auch was tragen, wohlan, so mach es, wie dir es beliebt. Was gut und tüchtig, was schädlich und nichtig / meinem Gebeine, das weißt du alleine, hast nie­mals keinen zu sehr noch betrübt.
  12. Kreuz und Elende, das nimmt ein Ende; nach Meeres­brausen / und Windessausen / leuchtet der Sonnen ge­wünschtes Gesicht. Freude die Fülle / und selige Stille / hab ich zu warten / im himmlischen Garten; dahin sind meine Gedanken gericht’. (Römer 8,18)

Geh aus, mein Herz, und suche Freud

"Geh aus, mein Herz, und suche Freud" ist ein geistliches Sommerlied mit 15 Strophen und wurde erstmals 1653 im Gesangbuch Praxis Pietatis Melica von Johann Crüger veröffentlicht. Es sind viele verschiedene Melodien zu diesem Lied komponiert worden. Im Jahr 1667 veröffentlichte Johann Georg Eberling mit einer neu komponierten Weise das Gedicht in seinem Gesangbuch. Die bekannteste Melodie schrieb 1813 August Harder (1775–1813), welche wir in unserem Gesangbuch finden und singen.

Paul Gerhardt beschreibt in seinen Strophen mit Naturbildern Gottes Welt und versteckt theologische Symbolik in den Beschreibungen. In jeder Strophe wird ein neuer Teil der Welt beschrieben, wie z.B. der irdische Garten das Paradies symbolisiert.

  1. Geh aus, mein Herz, und suche Freud in dieser lieben Sommerzeit an deines Gottes Gaben; schau an der schönen Gärten Zier und siehe, wie sie mir und dir sich ausgeschmücket haben, sich ausgeschmücket haben.
  2. Die Bäume stehen voller Laub, das Erdreich decket seinen Staub mit einem grünen Kleide; Narzissus und die Tulipan, die ziehen sich viel schöner an als Salomonis Seide, als Salomonis Seide. (Matthäus 6, 28.29)
  3. Die Lerche schwingt sich in die Luft, das Täublein fliegt aus seiner Kluft und macht sich in die Wälder; die hochbegabte Nachtigall ergötzt und füllt mit ihrem Schall Berg, Hügel, Tal und Felder, Berg, Hügel, Tal und Felder.
  4. Die Glucke führt ihr Völklein aus, der Storch baut und bewohnt sein Haus, das Schwälblein speist die Jungen, der schnelle Hirsch, das leichte Reh ist froh und kommt aus seiner Höh ins tiefe Gras gesprungen, ins tiefe Gras gesprungen.
  5. Die Bächlein rauschen in dem Sand und malen sich an ihrem Rand mit schattenreichen Myrten; die Wiesen liegen hart dabei und klingen ganz vom Lustgeschrei der Schaf und ihrer Hirten, der Schaf und ihrer Hirten.
  6. Die unverdrossne Bienenschar fliegt hin und her, sucht hier und da ihr edle Honigspeise; des süßen Weinstocks starker Saft bringt täglich neue Stärk und Kraft in seinem schwachen Reise, in seinem schwachen Reise.
  7. Der Weizen wächset mit Gewalt; darüber jauchzet jung und alt und rühmt die große Güte des, der so überfließend labt und mit so manchem Gut begabt das menschliche Gemüte, das menschliche Gemüte.
  8. Ich selber kann und mag nicht ruhn, des großen Gottes großes Tun erweckt mir alle Sinnen; ich singe mit, wenn alles singt, und lasse, was dem Höchsten klingt, aus meinem Herzen rinnen, aus meinem Herzen rinnen.
  9. Ach, denk ich, bist du hier so schön und lässt du's uns so lieblich gehen auf dieser armen Erden: was will doch wohl nach dieser Welt dort in dem reichen Himmelszelt und güldnen Schlosse werden, und güldnen Schlosse werden!
  10. Welch hohe Lust, welch heller Schein wird wohl in Christi Garten sein! Wie muss es da wohl klingen, da so viel tausend Seraphim mit unverdrossnem Mund und Stimm ihr Halleluja singen, ihr Halleluja singen.
  11. O wär ich da! O stünd ich schon, ach süßer Gott, vor deinem Thron und trüge meine Palmen: so wollt ich nach der Engel Weis erhöhen deines Namens Preis mit tausend schönen Psalmen, mit tausend schönen Psalmen.
  12. Doch gleichwohl will ich, weil ich noch hier trage dieses Leibes Joch, auch nicht gar stille schweigen; mein Herze soll sich fort und fort an diesem und an allem Ort zu deinem Lobe neigen, zu deinem Lobe neigen.
  13. Hilf mir und segne meinen Geist mit Segen, der vom Himmel fleußt, dass ich dir stetig blühe; gib, dass der Sommer deiner Gnad in meiner Seele früh und spat viel Glaubensfrüchte ziehe, viel Glaubensfrüchte ziehe.
  14. Mach in mir deinem Geiste Raum, dass ich dir werd ein guter Baum, und lass mich Wurzel treiben. Verleihe, dass zu deinem Ruhm ich deines Gartens schöne Blum und Pflanze möge bleiben, und Pflanze möge bleiben.
  15. Erwähle mich zum Paradeis und lass mich bis zur letzten Reis‘ an Leib und Seele grünen! So will ich dir und deiner Ehr allein und sonsten keinem mehr hier und dort ewig dienen, hier und dort ewig dienen.

Du meine Seele, singe

Das Lied "Du meine Seele, singe" basiert auf dem Psalm 146. Paul Gerhardt bringt in seinem Gedicht, mit 8 Strophen, den persönlichen und emotionalen Anteil des singenden Menschen zur Geltung.
Es wurde 1653 veröffentlicht und 1666 von Johann Georg Ebeling vertont.
  1. Du meine Seele singe, wohlauf und singe schön, dem, welchem alles Dinge zu Dienst und Willen stehn! Ich will den Herren droben hier preisen auf der Erd; ich will ihn herzlich loben, solang ich leben werd.
  2. Wohl dem, der einzig schauet / nach Jakobs Gott und Heil! Wer dem sich anvertrauet, der hat das beste Teil, das höchste Gut erlesen, den schönsten Schatz geliebt; sein Herz und ganzes Wesen; bleibt ewig unbetrübt.
  3. Hier sind die starken Kräfte, die unerschöpfte Macht; das weisen die Geschäfte, die seine Hand gemacht: der Himmel und die Erde / mit ihrem ganzen Heer, der Fisch unzählge Herde; im großen, wilden Meer.
  4. Hier sind die treuen Sinnen, die niemand unrecht tun, all denen Gutes gönnen, die in der Treu beruhn. Gott hält sein Wort mit Freuden, und was er spricht, geschieht; und wer Gewalt muss leiden, den schützt er im Gericht.
  5. Er weiß viel tausend Weisen, zu retten aus dem Tod, ernährt und gibet Speisen / zur Zeit der Hungersnot, macht schöne rote Wangen / oft bei geringem Mahl; und die da sind gefangen, die reißt er aus der Qual.
  6. Er ist das Licht der Blinden, erleuchtet ihr Gesicht, und die sich schwach befinden, die stellt er aufgericht. Er liebet alle Frommen, und die ihm günstig seind, die finden, wenn sie kommen, an ihm den besten Freund.
  7. Er ist der Fremden Hütte, die Waisen nimmt er an, er­füllt der Witwen Bitte, wird selbst ihr Trost und Mann. Die aber, die ihn hassen, bezahlet er mit Grimm; ihr Haus und wo sie saßen, das wirft er um und um.
  8. Ach ich bin viel zu wenig, zu rühmen seinen Ruhm; der Herr allein ist König, ich eine welke Blum. Jedoch weil ich gehöre / gen Zion in sein Zelt, ist's billig, dass ich mehre sein Lob vor aller Welt.

Ich singe dir mit Herz und Mund

Paul Gerhardt erschuf mit dem Lied "Ich singe dir mit Herz und Mund" ein schlichtes Gedicht in 18 Strophen, welches nicht in Alltags-, sondern in stilisierter Kunstsprache geschrieben wurde. Es geht nicht um die direkte Darstellung der Wirklichkeit, sondern um eine Stilisierung eigener Art – in der Sichtweise des Glaubens, die Leid und Unheil benennt, ihnen aber ihre letzte Gültigkeit abspricht. Die Melodie wurde 1653 von Johann Crüger komponiert.

  1. Ich singe dir mit Herz und Mund, Herr, meines Herzens Lust; ich sing und mach auf Erden kund, was mir von dir bewusst.
  2. Ich weiß, dass du der Brunn der Gnad / und ewge Quelle bist, daraus uns allen früh und spat / viel Heil und Gutes fließt.
  3. Was sind wir doch? Was haben wir / auf dieser ganzen Erd, das uns, o Vater, nicht von dir / allein gegeben werd?
  4. Wer hat das schöne Himmelszelt / hoch über uns gesetzt? Wer ist es, der uns unser Feld / mit Tau und Regen netzt?
  5. Wer wärmet uns in Kalt und Frost? Wer schützt uns vor dem Wind? Wer macht es, dass man Öl und Most / zu seinen Zeiten findt?
  6. Wer gibt uns Leben und Geblüt? Wer hält mit seiner Hand / den güldnen, werten, edlen Fried / in unserm Vaterland?
  7. Ach Herr, mein Gott, das kommt von dir, du, du musst alles tun; du hältst die Wach an unsrer Tür / und lässt uns sicher ruhn.
  8. Du nährest uns von Jahr zu Jahr, bleibst immer fromm und treu / und stehst uns, wenn wir in Gefahr / geraten, treulich bei.
  9. Du strafst uns Sünder mit Geduld / und schlägst nicht allzusehr, ja endlich nimmst du unsre Schuld / und wirfst sie in das Meer.
  10. Wenn unser Herze seufzt und schreit, wirst du gar leicht erweicht / und gibst uns, was uns hoch erfreut; und dir zur Ehr gereicht.
  11. Du zählst, wie oft ein Christe wein / und was sein Kummer sei; kein Zähr- und Tränlein ist so klein, du hebst und legst es bei.
  12. Du füllst des Lebens Mangel aus / mit dem, was ewig steht, und führst uns in des Himmels Haus, wenn uns die Erd entgeht.
  13. Wohlauf, mein Herze, sing und spring / und habe guten Mut! Dein Gott, der Ursprung aller Ding, ist selbst und bleibt dein Gut.
  14. Er ist dein Schatz, dein Erb und Teil, dein Glanz und Freudenlicht, dein Schirm und Schild, dein Hilf und Heil, schafft Rat und lässt dich nicht.
  15. Was kränkst du dich in deinem Sinn / und grämst dich Tag und Nacht? Nimm deine Sorg und wirf sie hin / auf den, der dich gemacht.
  16. Hat er dich nicht von Jugend auf / versorget und er­nährt? Wie manches schweren Unglücks Lauf / hat er zu­rückgekehrt!
  17. Er hat noch niemals was versehn; in seinem Regiment; nein, was er tut und lässt geschehn, das nimmt ein gutes End.
  18. Ei nun, so lass ihn ferner tun; und red ihm nicht darein, so wirst du hier im Frieden ruhn / und ewig fröhlich sein.

Wach auf, mein Herz, und singe

"Wach auf, mein Herz, und singe" hat Paul Gerhardt 1647 als Morgenlied geschrieben. Hier wird vor allem der Dank hervorgehoben. Den Ausblick auf den kommenden Tag rundet zuletzt der Gedanke ans Ende des Lebens ab. Das Lied umfasst 9 Strophen. Die Melodie ist ebenfalls bei dem Lied „Nun lasst uns Gott, dem Herren“ (GB 320) zu finden und wurde 1587 von Nikolaus Selnecker geschrieben. Der Satz ist von Johann Crüger (1649).

  1. Wach auf, mein Herz, und singe / dem Schöpfer aller Dinge, dem Geber aller Güter, / dem frommen Menschenhüter.
  2. Heut, als die dunklen Schatten / mich ganz umgeben hatten, hat Satan mein begehret; / Gott aber hats gewehret.
  3. Du sprachst: Mein Kind, nun liege; / trotz' dem, der dich betrüge; schlaf wohl, lass dir nicht grauen, / du sollst die Sonne schauen.
  4. Dein Wort, das ist geschehen: / Ich kann das Licht noch sehen, von Not bin ich befreiet, / dein Schutz hat mich erneuet.
  5. Du willst ein Opfer haben, / hier bring ich meine Gaben: mein Weihrauch und mein Widder / sind mein Gebet und Lieder.
  6. Die wirst du nicht verschmähen, / du kannst ins Herze sehen, denn du weißt, dass zur Gabe / ich ja nichts Bessers habe.
  7. So wollst du nun vollenden / dein Werk an mir und senden, der mich an diesem Tage / auf seinen Händen trage.
  8. Sprich Ja zu meinen Taten, / hilf selbst das Beste raten; den Anfang, Mitt und Ende, / ach Herr, zum Besten wende.
  9. Mich segne, mich behüte, / mein Herz sei deine Hütte,dein Wort sei meine Speise, / bis ich gen Himmel reise.

Nun danket all und bringet Ehr

Das Loblied, EG 322, wurde 1647 von Paul Gerhardt geschrieben. Es umfasst 9 Strophen, in denen er Gottes Fürsorge preist. Auch werden die dunklen Seiten des Lebens angesprochen, welche aber nicht das letzte Wort behalten. Die Melodie wurde von Johann Crüger (1653) komponiert und wir kennen diese auch vom Lied "Ich singe dir mit Herz und Mund" (EG 324).

  1. Nun danket all und bringet Ehr, ihr Menschen in der Welt, dem, dessen Lob der Engel Heer im Himmel stets vermeldt.
  2. Ermuntert euch und singt mit Schall Gott, unserm höchsten Gut, der seine Wunder überall und große Dinge tut;
  3. der uns von Mutterleibe an frisch und gesund erhält, und, wo kein Mensch nicht helfen kann, sich selbst zum Helfer stellt;
  4. der, ob wir ihn gleich hoch betrübt, doch bleibet guten Muts, die Straf erlässt, die Schuld vergibt und tut uns alles Guts.
  5. Er gebe uns ein fröhlich Herz, erfrische Geist und Sinn und werf all Angst, Furcht, Sorg und Schmerz ins Meeres Tiefe hin.
  6. Er lasse seinen Frieden ruhn auf unserm Volk und Land; er gebe Glück zu unserm Tun und Heil zu allem Stand.
  7. Er lasse seine Lieb und Gütum, bei und mit uns gehn, was aber ängstet und bemüht, gar ferne von uns stehn.
  8. Solange dieses Leben währt, sei er stets unser Heil, und wenn wir scheiden von der Erd, verbleib er unser Teil.
  9. Er drückt, wenn das Herze bricht, uns unsre Augen zu und zeig uns drauf sein Angesicht dort in der ewgen Ruh.

Literaturnachweis

Dies ist ein Ausschnitt aus einer Facharbeit im Bereich Musik von Ann-Carina Meyer. Die untenstehende Literatur wurde für diese Facharbeit verwendet (Auswahl an hier abgedruckte Bereiche angepasst).

  • Bunners, Christian: Paul Gerhardt: Weg-Werk-Wirkung, Vandenhoeck und Ruprecht, 3. aktualisierte Auflage, 2006/2007, S. 9-12, S. 121, S. 207-208
  • Rößler, Martin: Liedermacher im Gesangbuch – Liedgeschichte in Lebensbildern, Calwer Verlag Stuttgart, 2001, S. 423-468

  • Bautz, Friedrich Wilhelm: biografisch- bibliografisches Kirchenlexikon, Paul Gerhardt, Band I und II 

  • von Cranach-Sichart, Eberhard: Gesamtausgabe seiner Lieder und Gedichte - Paul Gerhardt Wach auf, mein Herz, und singe. Oncken Verlag, 1982

  • evangelisches Gesangbuch Niedersachsen und Bremen